Wer trägt die Verfahrens- und weiteren Kosten bei Rücknahme eines Bußgeldbescheids?

 

AG Maulbronn – Az. 4 OWi 15/24 – Das Amtsgericht Maulbronn hatte über die Frage zu entscheiden, wer im Falle der Rücknahme eines Bußgeldbescheids durch die Bußgeldbehörde im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens für die Auslagen der Betroffenen und Kosten des Verfahrens aufzukommen hat.

Gegen die Klägerin wurde von einer Bußgeldbehörde ein Bußgeldbescheid erlassen, weil diese das ihr auferlegte Verwarngeld nicht zahlte. Gegen diesen Bescheid legte sie erfolgreich Einspruch ein. Dies führte dazu, dass die Bußgeldbehörde den Bescheid zurücknahm und das Verfahren einstellte. Im Rahmen der Entscheidung der Behörde das Verfahren einzustellen, legte sie der Frau allerdings die Kosten für die ihr bis dahin entstandenen Auslagen auf.

Gegen diese Kostenentscheidung der Bußgeldbehörde wehrte sich die Frau vor dem AG Maulbronn – ebenfalls mit Erfolg.

Das Gericht sah ihr Begehren aus folgenden Gründen als begründet an:

Nimmt eine Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid zurück, was ihr nach § 69 Abs. 2 S. 1 OWiG auch möglich ist, so ist das Verfahren in den Zustand zurückgesetzt, der vor Erlass des Bußgeldbescheids bestand. Ab diesem Punkt stehen der Behörde somit wieder die Möglichkeiten offen, entweder einen neuen Bescheid zu erlassen, z.B., weil neue Ermittlungsergebnisse vorliegen, oder aber das Verfahren einzustellen.

Die Behörde kann als dritte Möglichkeit aber auch das Verfahren einstellen, ohne den Bescheid vorher zurücknehmen. Letzteres ist dann konkludente Folge der Einstellung.

Aber was geschieht nun mit den Kosten? Das regeln die §§ 105 Abs. 1 OWiG, 467a StPO. § 105 OWiG erklärt den § 467a StPO sinngemäß für auf das Verwaltungsverfahren anwendbar. Nach § 467a Abs. 1 StPO hat das Gericht, bei dem die Klage erhoben war, auf Antrag des Angeschuldigten oder der Staatsanwaltschaft die diesem erwachsenen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen, wenn die Staatsanwaltschaft eine öffentliche Klage zurücknimmt und das Verfahren einstellt. Übertragen auf das Verwaltungsverfahren der Klägerin bedeutet dies, dass sie grundsätzlich die ihr entstandenen Auslagen nicht zu tragen hat.

Etwas anderes ergibt sich jedoch mit Blick auf § 467a Abs. 1 S. 2 StPO, der auf die Ausnahmen des § 467a Abs. 1 S. 1 StPO in § 467 Abs. 2-5 StPO verweist. Gem. § 467 Abs. 4 kann das Gericht davon absehen, die Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn die Einstellung des Verfahrens im Ermessen des Gerichts stand. Übertragt man auch diese Regelung auf das Verwaltungsverfahren der Klägerin, so stünde die Kostenentscheidung der Behörde, gegen die sich die Klägerin gerichtlich wendet, im behördlichen Ermessen.

Nach Auffassung des AG Maulbronn hat die Behörde ihr Ermessen jedoch fehlerhaft wahrgenommen. Der Kostenentscheidung der Bußgeldbehörde lässt sich nicht entnehmen, ob sie sich dem ihr zustehenden Ermessensspielraum überhaupt bewusst war. Auch enthält der Kostenbescheid keinerlei Begründung, warum die Behörde vom Regelfall des § 467a Abs. 1 S. 1 StPO abweicht und der Klägerin die Kosten unter Anwendung einer Ausnahmevorschrift auferlegt. Der Betroffene muss aber durch eine entsprechende Begründung zumindest die Möglichkeit erhalten, die Entscheidung der Behörde nachzuvollziehen. Der Kostenbescheid ist somit nach Auffassung des Gericht rechtswidrig. Die Klägerin hat Anspruch auf Rückzahlung der ihr bis dahin entstandenen Kosten.

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