Herabfallender Ast beschädigt Auto – wer muss zahlen?

OLG Frankfurt am Main – Az. 1 U 310/20 – wer muss zahlen, wenn ein herabfallender Ast einen Schaden an einemgeparkten Fahrzeug anrichtet? Damit hatte sich das OLG Frankfurt am Main in zweiter Instanz zu beschäftigen.

Zum Sachverhalt: Im August 2019 parkte die Klägerin und Eigentümerin eines Fahrzeugs dieses auf einem öffentlichen Parkplatz. Über Nacht fiel ein Ast von einem dort befindlichen Baum auf das Dach ihres Fahrzeugs. Der Wagen war danach als Totalschaden einzustufen. Die Klägerin erhob in der Folge Klage gegen die Stadt Frankfurt auf Schadensersatz. Die Stadt beantragte, die Klage abzuweisen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt gab der Klage in zweiter Instanz vollumfänglich statt – die beklagte Stadt hatte der Klägerin Schadensersatz in Höhe von insgesamt 6.528 € nebst Zinsen zu zahlen. Aus folgenden Gründen:

Die zentrale Frage des Prozesses lag darin, ob die Stadt eine ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hatte. Die Klägerin warf der Stadt vor, ihrer Kontrollpflicht nicht zureichend nachgekommen zu sein, da sie den betreffenden Baum nicht halbjährlich, sondern nur jährlich kontrolliert habe. Die trockenen Sommer in 2018 und 2019 sowie das äußere Erscheinungsbild des Baumes, der sichtbare Trockenheitsschäden aufwies, hätten Anlass zur Kontrolle gegeben. Dies sah auch das erstinstanzliche Gericht schon so und gab der Klage der Fahrzeughalterin in vollem Umfang statt. Die Berufung der Stadt wurde durch das Oberlandesgericht Frankfurt abgelehnt.

Die Stadt argumentierte in ihrem Berufungsantrag damit, dass eine jährliche Kontrolle, entsprechend der FFL-Richtlinie, ausreichend gewesen sei und der schadhafte Ast auch bei einer Bodeninspektion nicht als schadhaft erkannt worden wäre. Nach der FFL-Richtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. ist es nicht zwingend als pflichtwidrig einzustufen, wenn Bäume nicht streng halbjährlich kontrolliert werden. Die Vorgabe der halbjährlichen Kontrolle beruht nämlich auf der Erfahrung von etlichen mit Baumpflege befassten Fachverbänden. Demnach kann es – auch bei stärker beschädigten Bäumen – ausreichend sein, ein Kontrollintervall von einem Jahr festzulegen, soweit die Schäden so geartet sind, dass sie sich voraussichtlich nicht innerhalb eines Jahres auf die Verkehrssicherheit auswirken.

Nach Ansicht des Gerichts haben die trockenen Sommer sowie der Zustand der Baumkrone und des Baumes allgemein eine häufigere Kontrolle nötig werden lassen. Eine gründlichere Kontrolle, insbesondere der Baumkrone, hätte den Schaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert. In besonderen Fällen sehe auch die FFL-Richtlinie kürzere Intervalle und besondere Untersuchungen vor. Derartige Besonderheiten lagen in diesem Fall nach Ansicht des Gerichts vor. Auch nach Ansicht des eingeschalteten Sachverständigen habe die Stadt nicht ausreichend berücksichtigt, dass das äußere Erscheinungsbild der betreffenden Baumkrone mit einer gesunden und vitalen Robinie nicht annähernd vergleichbar gewesen ist. Die Krone habe sich vielmehr als ausgesprochen schütter dargestellt. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Stadt wurde somit bejaht, im selben Zug auch der Schadensersatzanspruch der Klägerin.

 

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