Das AG Bonn (Az. 118 C 94/21) entschied, dass bei einem Unfall infolge eines Spurwechsels wegen der hohen Sorgfaltspflichtanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO grundsätzlich von einer vollen Haftung des Spurwechslers und hier Beklagten auszugehen ist.
Die Abwägung der Verursachungsbeiträge führte zu einer Haftungsquote von 100 % zu seinen Lasten. Die auf Seiten der Klägerin lediglich zu berücksichtigende – und mit 20 % anzunehmende – Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs tritt vor diesem Hintergrund vollständig hinter vorwerfbare Verstöße des Beklagten zurück.
Das Gericht war davon überzeugt, dass der Beklagte seine Pflicht zur doppelten Rückschau nach § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO missachtet hatte. Außerdem hatte der Beklagte gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen.
§ 9 Abs. 5 StVO schützt nicht nur den Gegen- sondern auch den Folgeverkehr. Bei einer Kollision mit dem nachfolgenden Verkehr greift der Anscheinsbeweis gegen den Abbiegenden. Außerdem hat der Beklagte gegen die Sorgfaltspflichten beim Fahrstreifenwechsel (§ 7 Abs. 5 Satz 1 StVO) verstoßen.
Bereits der Beweis des ersten Anscheines spricht für eine Missachtung der Sorgfaltspflichten des Spurwechslers, wenn es im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel zu einer Kollision kommt. Das Gericht hatte erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin ihrerseits gegen das Abstandsgebot (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVO) verstoßen hatte.