Gekauft wie gesehen beim Autokauf – gilt das immer? Nein, so das OLG Oldenburg!

OLG Oldenburg – Az. 9 U 29/17 – Das OLG entschied in seinem Urteil, dass beim privaten Gebrauchtwagenkauf die im Kaufvertrag vorgesehene Klausel „gekauft wie gesehen“ nur Ansprüche des Käufers bzgl. solcher Mängel ausschließt, die er als Laie ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei der Begutachtung selbst erkennen kann.

Was bedeutet „gekauft wie gesehen“?

Diese Formulierung verdeutlicht, dass alle bei der Besichtigung des Fahrzeugs erkennbaren Mängel nach dem Kauf nicht mehr im Wege einer Gewährleistung geltend gemacht werden können. Der Käufer kann somit keine Ansprüche aufgrund der Mängel gegenüber dem Verkäufer geltend machen.

Im hiesigen Fall begehrte die Klägerin und Käuferin eines Gebrauchtwagens die Rückabwicklung des privaten Kaufvertrags. Sie kaufte für ca. 5.000,00 € einen gebrauchten Peugeot beim Beklagten. Einige Wochen nach Abschluss des Kaufvertrags begehrte sie vom Beklagten die Rückabwicklung des Vertrages, also die Rückzahlung des Kaufpreises an die Klägerin Zug-um-Zug gegen die Rückgabe des Fahrzeugs an den Beklagten. Die Klägerin stützte ihr Begehren darauf, dass das Fahrzeug einen erheblichen Vorschaden aufweise, von dem sie beim Kauf nichts gewusst habe.

Der beklagte Verkäufer bestreitet zum einen schon das Vorliegen eines solchen Vorschadens und beruft sich zudem auf die im Kaufvertrag eingebettete Klausel „gekauft wie gesehen“, mit der etwaige Gewährleistungsansprüche der Käuferin vollumfänglich ausgeschlossen worden seien.

Das LG Aurich gab der Klägerin in erster Instanz Recht und sah die Rückwicklung des Vertrages als möglich an. Dagegen legte der beklagte Verkäufer Berufung ein.

Das OLG entschied wie folgt:

Die Entscheidung des LG sei richtig. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufs. Der PKW habe nach Ansicht eines eingeschalteten Sachverständigen tatsächlich einen erheblichen, nicht vollständig und fachgerecht beseitigten Unfallschaden aufgewiesen.

Die bloße Klausel „gekauft wie gesehen“ schließe nach Ansicht des OLG einen Gewährleistungsanspruch der Käuferin in diesem Fall nicht aus.

Die Formulierung gelte nämlich nur für solche Mängel, die ein Laie ohne Hinzuziehung eines Gutachters bei der Besichtigung selbst erkennen kann, die also offensichtlich und oberflächlich sind.

Dass dem Verkäufer der Vorschaden selbst nicht bekannt war, ist in diesem Zusammenhang irrelevant und hat keinen Einfluss auf die Rechte der Käuferin. Dies liegt daran, dass ein Gewährleistungsanspruch keine Arglist des Verkäufers voraussetzt.

Ferner hätte der Verkäufer die Möglichkeit gehabt, im Kaufvertrag einen umfassenden Haftungsausschluss für alle ihm unbekannten Mängel einzufügen, sodass sein Argument, an private Verkäufer werden viel zu hohe Sorgfaltsanforderungen gestellt, nicht greift.

Fazit:

Auch, wenn aufgrund einer oder mehrerer Klauseln im Kaufvertrag die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten in Form des Rücktritts vom Kaufvertrag, der Geltendmachung von Schadensersatz etc. unmöglich scheint, sollte sich rechtlicher Rat eingeholt werden.

Insbesondere im Rahmen eines Privatverkaufs sind Klauseln mangels rechtlicher Kenntnis der Verkäufer nur bedingt oder voll und ganz unwirksam.

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