LKW gegen betrunkenen Fußgänger – Betriebsgefahr vs. BAK-Wert

OLG Hamm – Az. 9 U 34/14 – die Ermittlung der Haftungsquoten ist im Verkehrsrecht nicht immer einfach und stellt die Gerichte häufig vor Probleme. In diesem Fall hatte das Gericht in einer recht interessanten Fallgestaltung zu entscheiden – ein betrunkener Fußgänger wurde von einem LKW verletzt und erlitt erhebliche körperliche Schäden.

Das Interessante daran ist, dass sich die von Fahrzeugen grundsätzlich ausgehende Betriebsgefahr, die – auch ohne sonstiges Verschulden des Fahrzeugfahrers – einen „Grundverschuldensanteil“ dessen begründet und die Alkoholisierung des Fußgängers gegenüberstehen und bei der Bemessung der Verschuldensanteile entsprechend zu berücksichtigen ist.

Die Betriebsgefahr kann in besonderen Fallgestaltungen allerdings vollständig zurücktreten – das beweist auch das hiesige Urteil des OLG Hamm.

Kläger ist ein Fußgänger, der zum Unfallzeitpunkt stark alkoholisiert gewesen ist. Er wies einen BAK-Wert von 2,49 Promille aus. Der Kläger geriet bei dem Versuch, sich abzustützen, zwischen die Hinterachsen eines Sattelaufliegers. Der LKW setzte sich langsam in Bewegung, bevor sich der Kläger abzustützen versuchte. Bei dem Sturz zwischen die Hinterachsen des LKW verletzte sich der Kläger schwer und machte einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 20.000,00 € geltend.

Zu Unrecht – so die Vorinstanzen wie auch das OLG Hamm!

Das OLG konnte im Prozess kein Verschulden des LKW-Fahrers feststellen – trotz grundsätzlich vor Fahrzeugen ausgehender Betriebsgefahr! Der Fahrer habe weder falsch noch zu spät reagiert und hätte den Unfall nicht verhindern können. Dem stehe ein schwerwiegendes Verschulden des Fußgängers gegenüber. Dieser handelte nach Ansicht des Gerichts in hohem Maße eigengefährdend und verkehrswidrig. Das im Straßenverkehr geltende Rücksichtnahmegebot gem. § 1 Abs. 2 StVO gelte auch für am Verkehr teilnehmende Fußgänger. Gegen jenes Gebot habe der Kläger mit seiner starken Alkoholisierung zweifelsfrei verstoßen.

Der grobe Verkehrsverstoß lässt somit die vom LKW ausgehende Betriebsgefahr vollständig zurücktreten.

Fazit: sollten Sie als Fahrzeugführer an einem Verkehrsunfall beteiligt sein, in dem sie sonst kein Verschulden trifft, kann bei fehlerfreiem Fahrverhalten grundsätzlich auch die von ihrem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr vollständig zurücktreten. Bei Verkehrsunfällen und damit einhergehenden Klagen sollte man sich zwingend rechtlichen Beistand einholen.

Unser Team von Golling Rechtsanwaltskanzlei vertritt seit Jahren in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten mit Expertise und Leidenschaft.

Rufen Sie uns an und besprechen in einem kostenlosen Erstgespräch mit uns Ihre rechtlichen Möglichkeiten.

Logo Anwaltverein
Logo Verkehrsgerichtstag
Logo Anwaltverein ARGE Verkehrsrecht