Erst kürzlich hatte das LG Lüneburg über einen Fall zu entscheiden, in dem ein neunjähriges Kind ein im öffentlichen Raum geparktes KFZ mit seinem Fahrrad beschädigt hat. Im ruhenden Verkehr kommt es nicht selten zu Schäden, die von unachtsamen Kindern verursacht werden.
In solchen Fällen stellt sich die Frage nach der Haftung – haften Eltern tatsächlich für ihre Kinder?
Erleidet ein Fahrzeughalter einen Schaden an seinem Fahrzeug, hat dieser grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens aus Deliktsrecht. Anspruchsgegner sind - entgegen einer weit verbreiteten Auffassung - nicht die Erziehungsberechtigten des den Schaden verursachenden Kindes, sondern das Kind selbst. Damit Sie Ihren Anspruch erfolgreich durchsetzen können, muss das Kind deliktsfähig sein.
An dieser Voraussetzung kann die erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs scheitern. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht an vielen Stellen den Schutz von Minderjährigen vor, so auch im Deliktsrecht. In § 828 BGB regelt der Gesetzgeber die Deliktsfähigkeit von Minderjährigen und nimmt eine altersbedingte Abstufung vor. Kinder unter sieben Jahren sind für Schäden, die sie anderen zufügen, grundsätzlich nicht verantwortlich. Ein Anspruch auf Schadensersatz aus Delikt ist in solchen Fällen ausgeschlossen. Die Geschädigten bleiben somit auf dem entstandenen Schaden sitzen. Kinder, die das siebente, nicht aber das zehnte Lebensjahr vollendet haben, erfahren im Hinblick auf den Straßenverkehr eine Privilegierung. Sie haften nur dann, wenn sie den Schaden an vorsätzlich herbeigeführt haben.
Für den vom Landgericht Lüneburg zu entscheidenden Fall hieße das, dass der minderjährige Schadensverursacher mangels Deliktsfähigkeit nicht haftbar wäre. Dem ist jedoch nicht so.
Der Sinn und Zweck der Privilegierung von Kindern zwischen dem siebten und dem zehnten Lebensjahr spezifisch im Straßenverkehr soll der verkehrstypischen Überforderung von Kindern Rechnung tragen. Diese können Geschwindigkeiten, Kräfte und Abstände oftmals noch nicht richtig einschätzen. Entstehen aus dieser Überforderung heraus Schäden, empfindet es der Gesetzgeber als unverhältnismäßig, Kinder in die Verantwortung zu ziehen.
Anders ist der Sachverhalt zu bewerten, wenn ein Schaden im Straßenverkehr aus Unachtsamkeit entsteht. Der Neunjährige beschädigte ein am Straßenrand ruhendes KFZ. Dies geschah nicht aus einer Überforderung heraus.
Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens wurde somit stattgegeben. Der Minderjährige haftet für den von ihm verursachten Schaden.
Haften Eltern nun für ihre Kinder? Es kommt darauf an – im hiesigen Sachverhalt werden die Eltern des Kindes den Schaden regulieren müssen, nicht zuletzt, weil Kinder nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügen.
Eltern haften selbst aber nicht für jegliche von ihren Kindern verursachte Schäden. Daran ändern auch die oftmals an Gefahrenstellen platzierten Schilder mit der Aufschrift „Eltern haften für ihre Kinder“ nichts. Es handelt sich dabei um eine folgenlose Aussage. Eine deliktische Haftung der Erziehungsberechtigten selbst kommt nur dann in Betracht, wenn diese ihrer Aufsichtspflicht während der Schadensverursachung nicht hinreichend nachgekommen sind.