LG Lübeck – Az. 9 0 1/22 – Wer bei gleichbleibender Geschwindigkeit auf eine Unfallstelle zufährt, ohne diese seinen Vermutungen auf das Vorliegen eines Unfalls entsprechend anzupassen, hat keinen Anspruch auf Schadensersatz. Dies entschied das Landgericht Lübeck.
Der Kläger ist Fahrer und Eigentümer eines Audis. An dem Unfalltag fuhr er mit 130 km/h auf der linken Fahrbahn einer Autobahn. Bevor der Kläger an der Stelle ankam, an der sich später der Schaden an seinem Fahrzeug ereignen sollte, kam es zu einem anderen Unfall.
Ein Mercedes-Fahrer kollidierte auf der Autobahn mit einem Reh. Die Kollision war so enorm, dass der Mercedes-Fahrer einige Autoteile auf der Fahrbahn verlor. Auch das durch den Aufprall verstorbene Reh befand sich auf der Straße. Einige Minuten, nachdem sich dieser Erstunfall ereignete, traf der Kläger an der Unfallstelle ein. Er fuhr nach wie vor mit einer Geschwindigkeit von 130 h/km, obwohl er in etwa einem halben Kilometer vor ihm eine Person auf der Fahrbahn wahrgenommen hat. Auf der Höhe dieser Person ist er nach seinen Aussagen mit dem Rehkadaver kollidiert, der erhebliche Schäden an seinem Fahrzeug verursacht hat.
Der Kläger wendete sich gegen die Versicherung des Mercedes-Fahrers und verlangte die entstandenen Schäden ersetzt. Die Beklagte beantrage, die Klage abzuweisen.
Das LG Lübeck entschied zugunsten der Beklagten und wies die Klage in vollem Umfang ab. Dies begründete es wie folgt;
Der Rehkadaver und die vom Kläger bereits um die 500m zuvor wahrgenommene Person befanden sich nach seiner Aussage ungefähr auf einer Höhe. Dennoch kollidierte der Kläger mit dem Tier. Dies ist nach Ansicht des Gerichts überwiegend darauf zurückzuführen, dass der Kläger seine Geschwindigkeit nicht entsprechend der Straßensituation, die ihm schon 500m vor der Kollision auffiel, angepasst hat. Er hätte die Person auf der Fahrbahn und das etwa 150m vor dem Tier aufgestellte Warndreieck zum Anlass nehmen müssen, seine Geschwindigkeit an die Gegebenheiten anzupassen und drastisch zu reduzieren. Er hat diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die erforderlich gewesen wäre, um eine Kollision zu verhindern. Das Gericht ist davon überzeugt, dass es bei Anpassung der Geschwindigkeit durch den Kläger höchstwahrscheinlich nicht zu einer Kollision gekommen und sein Fahrzeug keine Schäden erlitten hätte.