AG Leer – Az. 700 C 160/24 – Das Gericht hatte über die Klage eines Motorrad-Halters auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von knapp 1000,00 € gegen die Versicherung des Unfallgegners zu entscheiden.
2023 ereignete sich ein Verkehrsunfall zwischen dem Kläger und dem Versicherungsnehmer der Beklagten. Der Unfallhergang, das alleinige Verschulden des Unfallgegners und auch die alleinige Einstandspflicht der beklagten Versicherung stehen unstreitig fest.
Der Schaden des Klägers beläuft sich insgesamt auf 1.319,49 €. Die Beklagte zahlte bereits vor Prozessbeginn eine Summe in Höhe von 370,45 € an den Kläger. Gestritten wird nun um die Zahlung des Differenzbetrags, die die Beklagte ablehnt.
Der Kläger beauftragte nach dem Unfall einen Sachverständigen mit der Anfertigung eines Gutachtens. Der Gutachter stufte das Fahrzeug des Klägers als Totalschaden ein. Der Kläger entschied sich daraufhin, das ihm gemachte Restwertangebot anzunehmen und zahlte die bis zum Verkauf anfallenden Standgebühren für das Fahrzeug. Die Beklagte lehnte die Zahlung der Standgebühren indes vollständig ab und leistete lediglich auf die anderweitigen Schäden in Höhe von insgesamt 370,45 €. Dies begründete sie damit, dass der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB verstoßen habe.
Das sah das Gericht anders und gab der Klage in vollem Umfang statt. Aus folgenden Gründen:
Standgebühren stellen grundsätzlich eine Schadensposition dar, die nach § 249 Abs. 2 BGB regulär erstattungsfähig ist. Problematisch wird die Erstattung von Standgebühren, wenn der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt. Dies wird z.B. angenommen, wenn der Geschädigte nicht unmittelbar nach dem Unfall einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt, die Erstellung des Gutachtens außerordentlich viel Zeit in Anspruch nimmt oder der Geschädigte nach Erhalt des Gutachtens noch eine zu lange Zeit verstreichen lässt, bis er das Fahrzeug veräußert oder reparieren lässt.
Vorliegend hat der Kläger nachgewiesenermaßen unmittelbar nach dem Unfall einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt. Zudem hat er in einem angemessenen Zeitraum nach Erhalt des Gutachtens sein Motorrad veräußert. Zwar hat die Gutachtenerstellung vergleichsweise viel Zeit in Anspruch genommen, was zu höheren Standgebühren führte. Dies lag jedoch nicht im Einflussbereich des Klägers. Vielmehr hat er den Sachverständigen sogar wiederholt an die Erstellung des Gutachtens erinnert.
Auch ist die vom Kläger geltend gemachte Höhe der Standgebühren von 17,25 € brutto/Tag laut dem Gericht als angemessen zu betrachten. Die Angemessenheit der Standkosten richtet sich nach den Kosten, die sich für eine gewerbliche Abstellmöglichkeit bzw. die Nutzung eines Parkhauses ergeben würden. Da befänden sich die 17,25 € im Rahmen.
Fazit:
Nach einem Verkehrsunfall und an Ihrem Fahrzeug entstandenen Schäden, sollten Sie schnellstmöglich einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragen. Auch sollte die Entscheidung über das weitere Vorgehen mit Ihrem Unfallfahrzeug schnell getroffen werden. Wer unnötig Zeit verstreichen lässt, riskiert die Schmälerung seiner Ansprüche im Prozess.